Neue Presse Coburg | Mehr als nur den Biss behandeln

Studierende der Hochschule Coburg beschäftigen sich mit dem Coburger Zahnarzt Dr. Michael Pampel mit Schmerzen, die vom Kiefer ausgehen (von links): Blerta Ramaj, Katharina Zitzmann, Professor Dr. Niko Kohls, Sarah Herrmann, Daniel Bänsch, Dr. Michael Pampel, Elena Schinner und Johanna Menth. Foto: Iris Kroon-Lottes  

Kronach/Coburg Die drei Buchstaben CMD stehen für Craniomandibuläre Dysfunktion. Ein Wort wie ein Zungenbrecher. Es bedeutet, dass zwischen Schädel (Cranium) und Unterkiefer (Mandibula) einiges nicht stimmt mit dem Kiefergelenk.

Das wiederum kann sich bei betroffenen Patienten auf den ganzen Körper auswirken. Sie leiden an Gesichts-, Kopf-, Nacken- oder Rückenschmerzen. Es können auch Schwindelgefühle, Migräne, Lichtempfindlichkeit bis zu Panikattacken – Herzrasen – und Angstzustände auftreten.

„CMD ist ein Überbegriff für strukturelle, funktionelle, biochemische und psychische Fehlregulationen der Muskel- oder Gelenkfunktion der Kiefergelenke“, erklärt Katharina Zitzmann. Sie studiert Integrative Gesundheitsförderung im sechsten Semester an der Hochschule Coburg und ist neben fünf weiteren Studierenden Teil einer Projektgruppe. Im Rahmen des Studienschwerpunkts „Kuration, Rehabilitation und Gesundheit“ setzt sich das Team gerade mit dem Thema „Gesundheitsförderung in der CMD-Praxis“ auseinander und erarbeitet in enger Kooperation mit der Praxis des Coburger Zahnarztes Dr. Michael Pampel einen Fragebogen. „Unser Ziel ist es, mittels eines geeigneten Fragebogens einen Zusammenhang zwischen Stress und der dadurch mutmaßlich resultierenden Entstehung von CMD herzustellen. Außerdem soll die Bereitschaft der Patienten zu Entspannungsverfahren ermittelt werden“, beschreibt ihre Kommilitonin Sarah Herrmann das Vorgehen. CMD tritt vom Kindes- bis zum Erwachsenenalter auf und kann die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränken. Eine der Hauptursachen ist Stress. Die Anforderungen im Privat- und Arbeitsleben haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Das kann auch zu Kieferproblemen führen, denn Stress erzeugt häufigeren Zahnkontakt. Nicht von ungefähr kommen Redensarten wie „Beiß die Zähne zusammen“ oder „sich durchbeißen“. Bruxismus heißt der Fachbegriff, der das unbewusste, meist nächtliche, aber auch tagsüber ausgeführte Zähneknirschen oder Aufeinanderpressen der Zähne beschreibt.

„Für mich ist der Mund eines Menschen das Buch seines Lebens“, erklärt Dr. Michael Pampel. Deshalb versucht er seine Patienten umfassend zu verstehen und zu behandeln. Vor allem diejenigen, die an verschiedenen Symptomen und Schmerzen am ganzen Körper leiden und die durch das bisherige hoch spezialisierte Vorgehen nicht nachhaltig therapiert werden konnten. „CMD ist multikausal und kann deshalb am besten multimodal therapiert werden“, so der Spezialist. Das bedeutet, dass viele relevante Berufsgruppen zusammen gebracht werden müssen, um CMD als Ganzkörpersyndrom zu erkennen. „Hier kommen unsere zukünftigen Gesundheitsförderer ins Spiel. Die könnten in Kooperation mit dem jeweiligen Zahnarzt Strategien zum Umgang mit Stress und zur Steigerung der Resilienz ausarbeiten“, resümiert Professor Dr. Niko Kohls von der Hochschule Coburg, der die Projektgruppe begleitet.

Die Studierenden stellten mit Hilfe von anonymisierten Patientendaten fest, welche Krankheitsbilder vorliegen. Daraufhin wurde der Fragebogen – aufbauend auf vorhandenem Fachwissen – entworfen. Ziel der Befragung ist es, einen Zusammenhang zwischen psychosozialer Belastung und CMD herzustellen. Wie gestresst sind die Menschen, die die Praxis besuchen, wirklich? Aus den Antworten der Patienten wird das Team Maßnahmen und Handlungsempfehlungen der Gesundheitsförderung erarbeiten, die gegen Stress helfen wie zum Beispiel Yoga, Stressbewältigung durch Lebensberatung, Entspannungstechniken oder Sport. „Die Beratung muss aber individuell erfolgen, denn die Menschen müssen auch bereit sein, die Entspannungstechniken regelmäßig anzuwenden“, erklärt Daniel Bänsch. CMD bedeutet also viel mehr als nur den Biss zu behandeln.

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